Auf der Suche nach Inspiration jenseits der gängigen Designkreise tauchte ich in die Welt der theoretischen Physik ein. David Thouless, Duncan Haldane und Michael Kosterlitz haben mit ihren Untersuchungen von topologischer Phasen und Phasenübergänge 2016 den Physik Nobelpreis gewonnen. Mehrere Faktoren führen dazu, dass ich mich als Textildesigner damit beschäftigen will. Die Drei haben es geschafft ein hoch abstraktes Teilgebiet der Mathematik auf einen konkreten Fall der Physik anzuwenden. Es konnten damit unter anderem spezielle Zustände von Kristallen erklärt werden, bei denen sie zu sogenannten Supraleitern werden und ihren elektrischen Widerstand verlieren. Auch wird es durch die topologische Beschreibung von Materie möglich stabilere Aussagen im Quantenbereich zu machen, womit ein grossfinanzierter Forschungstrend ausgelöst wurde. Durch den Austausch mit dem theoretischen Physiker Prof. Dr. Egues und dem Ph.D. Studenten Juanfernando Angel war es mir möglich zwischen einem der aktuellsten und hoch komplexen wissenschaftlichen Angelegenheiten und dem Textildesign eine Brücke zu schlagen. Es gibt zwar elektromikroskopische Aufnahmen von Kristalloberflächen, die deren gitterartige Anordnung gut visualisieren können. Die Beziehungen zwischen den einzelnen Atomen und deren Elektronen, sind jedoch eine Herausforderung für den menschlichen Verstand. Da es nicht möglich ist diese quantenphysischen Vorgänge mit technischen Hilfsmitteln sichtbar zu machen, ist man für die Darstellung auf seine Phantasie angewiesen.
Bei der Konstruktion von gewobenen Stoffen erzeugen die verschiedenen Bindungen der Kett und Schussfäden Spannungen, welche die Oberfläche des Textils beeinflussen. Es kann bereits im Aufbau des Gewebes eine Analogie zu den Vorgängen in der Quantenphysik gemacht werden. Unter diesen Bedingungen scheint es sinnvoll eine Jahrtausende alte Technik zur Produktion von Stoffen zu nutzen, um inspiriert von den neusten wissenschaftlichen Errungenschaften textile Designs zu entwickeln. Für den Aufbau meiner Gewebe fokussiere ich mich auf die Waffelbindung. Sie ist einfach skalierbar, kann deformiert werden und eine starke Dreidimensionalität erreichen. Mit verschiedenen Abwandlungen und Wiederholungen dieser Grundbindung entstehen Abhängigkeiten im Textil, welche die Komplexität der gesamten Oberfläche erhöhen. Aus simplen textilen Grundbausteinen lassen sich so, über die kristallinen Strukturen hinaus, auch scheinbar die Dynamiken zwischen den Einzelteilen verbildlichen. Dafür habe ich mit dem Handwebstuhl verschiedene Materialien eingewoben und dank der grossen Hilfe der Minnotex GmbH auch die Möglichkeit gehabt Jacquardentwürfe umzusetzen.
Special thanks to:
Juanfernando Angel
Prof. Dr. José Carlos Egues
Hans-Jörg Moser and Minnotex GmbH
Isabelle Mouttet and Eva Molina
Marlise Götti
Mariana Egues
OVERVIEW